Samstag, 22. Juli 2017

Verfahrensvorschlag zur Umsetzung des Einwohnerantrages



Einwohner_innenantrag Baum- und Grünflächenerhalt
Schleiermacherstr./ Blücherstraße

Tischvorlage Erörterungsveranstaltung am 20. 07. 2017
1.       Grundsätzliches
Der Einwohnerantrag, der den Willen von über 1300 Bürger_innen aus dem Bezirk (1800 Bürgern insgesamt) zum Ausdruck bringt, ist von der BVV einstimmig beschlossen worden. Der Respekt vor den engagierten Bürgern und dem Bezirksparlament erfordert, dass nicht erörtert wird, „ob“ ein Verfahren durchgeführt wird, sondern „wie“ das Verfahren zu gestalten ist, welche Ziele verfolgt werden sollen und welche Schritte dazu erforderlich sind.
Die Veränderung der Bürgerbeteiligungspolitik ist auch Ziel des Senats und wurde zuletzt auf der Großveranstaltung in Kreuzberg formuliert.
Hier ist ein Anwendungsfall für diese neue Politik. Hic Rhodus, hic salta. Für eine ergebnisoffenes und transparentes Verfahren.[1]

2.       Ziel
Im Einwohnerantrag ist als Ziel des Verfahrens folgendes festgehalten:
„Für das Gebiet an der Blücherstr. 26, … (ist) eine stadtklimaschützende, bestandsschützende und die Struktur des Gebiets mit seinem Grünanteil erhaltende inklusive Planung aufzustellen.
Mittel dazu kann die Aufstellung eines Bebauungsplanes nach § 6 AGBauGB i.V.m. §9 Abs. 1 BauGB mit Umweltprüfung (§2 Abs. 4 BauGB) und/ oder die Ausweisung als Erha­l­tungs­gebiet sein. Das Bezirksamt wird beauftragt, die zweckmäßigen Planungsschritte unverzüglich einzuleiten.“

Dazu hat sich eine Arbeitsgruppe mehrerer Planer getroffen, die nach Prüfung der Lage zu der Schlussfolgerung gekommen ist, dass es städtebaulich sinnvoll ist, einen gemeinsamen  Bebauungsplan für die Grundstücke Blücherstr. 26a und 26b aufzustellen, da nur so eine sachgerechte, integrierte Planung möglich ist.
Zu der Arbeitsgruppe gehörten u. a. der Vorsitzende des BDA, Herr Becher, der frühere Kultursenator und Mitglied des wiss. Beirates der Ernst-May-Gesellschaft, Herr Flierl und der Architekt, Architekturhistoriker und May-Experte, Herr Seidel.
Erster Schritt wäre die Verabschiedung eines Aufstellungsbeschlusses durch das Bezirksamt und ein Stopp des Bauantrages, damit städtebaulich sinnvollere Lösungen nicht verunmöglicht werden.
3.       Verfahren
Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens muss die im Einwohnerantrag beschlossene Bürgerbeteiligung umgesetzt werden:
„ein Verfahren zur Beteiligung der Anwohner_innen und Bewohner_innen mit regelmäßigen Steuerungsrunden und Workshops ist zu entwickeln und umzusetzen." 
3.1. Verfahrensbegleitende Steuerungsrunden
Eine regelmäßige, öffentliche Steuerungsrunde aus Mitgliedern der Verwaltung, der Eigentümer und der BI ist einzurichten.
Erste Aufgabe der Steuerungsrunde ist die Entwicklung eines Arbeits- und Zeitplanes.

3.2. Workshops
In den Workshops werden folgende Themenbereiche erörtert:
·         Denkmalschutz und Umgang mit dem Bestandgebäude
Zum Umgang mit dem Bestandsgebäude sieht der Einwohnerantrag folgendes vor:
"Das Gesamtensemble des Architekten Ernst May und des Landschaftsplaners Walter Rossow ist in seiner Struktur und seinem Charakter zu erhalten und dauerhaft zu schützen, die notwendigen rechtlichen Schritte sind einzuleiten."

Über den Denkmalschutz für das Ensemble ist bisher noch nicht entschieden worden. Dem Bezirk liegt ein Gutachten vor, das diesen Aspekt betrachtet und empfiehlt, das Ensemble unter Denkmalschutz zu stellen. So kann u.a. verhindert werden, dass die Gebäude auf den Grundstücken 26a und b abgerissen werden.
Bezüglich des Rossowgartens ist es wichtig, Sichtachsen auf die Südseite des Gebäudes und einen möglichst großen Teil der "parkartigen Gartenanlage" (E.May) des Grundstücks Blücherstr. 26/26a zu erhalten.
Gebäude und Park sind integraler Bestandteil des Ensembles, bzw. des stadtlandschaftliches Gesamtkonzepts von May und Rossow.


·  Sozialplanung
Die Sozialplanung umfasst den Umgang mit den Bestandbewohnern und den zukünftigen Bewohnern.
Die Bestandsbewohner sind überwiegend sehr alt und auch pflegebedürftig. Zu klären ist, was ihnen im Rahmen von Baumaßnahmen zugemutet werden kann, welche Gemeinschaftsflächen ihnen zustehen und welche konkreten Maßnahmen daraus folgen. Orientierung sind die Grundsätze der behutsamen Stadterneuerung zum Umgang mit Sanierungsbetroffenen. Der Seniorenbeauftragte des Bezirks ist zu beteiligen.

Die zukünftigen Bewohner werden ebenfalls überwiegend im Betreuten Wohnen wohnen.
Es muss eine angemessene Nutzungskonzeption entwickelt werden, die die unterschiedlichen Bedürfnisse der späteren Nutzer_innen berücksichtigt.
Durch unabhängige Experten ist zu klären, wie Inklusion und die Berücksichtigung des „besonderen Auftrages des Artikels 19 der UN-Behindertenkonvention (selbstbestimmtes Wohnen) sowie die besonderen Bedürfnisse anderer marginalisierter Gruppen“ durch die Nutzungskonzeption umsetzt werden können.
Daraus wird ein Bedarfsprogramm entwickelt, aus dem abgeleitet  werden kann, welche Flächen auf dem Grundstück vorzuhalten bzw. zu schaffen sind.

·         Grüne Infrastruktur und Stadtklima
Die stadtklimatischen Folgen der Verdichtung auf dem Grundstück sind bisher nicht fachlich geprüft worden. Hierzu sind unabhängige Experten zu hören und die Ergebnisse zu berücksichtigen. Des Weiteren wäre zu berücksichtigen, welche (Gesundheits- und Freizeit-)Ressource eine zusammenhängende Grünfläche für die verhältnismäßig hohe Bewohnerdichte auf dem Grundstück sein könnte.
Thema eines Workshops wäre auch die Verbesserung der Infrastruktur durch die Sanierung des Spielplatzes, der ein wichtiger Treffpunkt im Kiez ist sowie das Für und Wider einer Öffnung des Rossowparks als Stadtteilpark oder mit öffentlichem Wegerecht. Ein geöffnetes Grundstück könnte als Begegnungsort zwischen den späteren Bewohnern des Ensembles und den Anwohnern zu einem wichtigen Integrationsmoment werden.
Der Spielplatz ist der einzige für unter 3-Jährige im Kiez, wird rege genutzt von den zahlreichen Kindertagespflegeeinrichtungen im Umkreis und war nach Aussagen von Mitgliedern der Spielplatzkommission und des Elternbeirates (und von zahlreichen "betroffenen" Eltern) vor dem Abbau der attraktiven Spielgeräte einer der mit Abstand höchst frequentiertesten im Kiez. Hinzu kommt, dass die Wiese im Rossowgarten schon seit Liegenschaftsfond-Zeiten von Kindereinrichtungen der Umgebung für besondere Spiel- und Feiernachmittage genutzt wird. Dies gilt es nach Möglichkeit auch für die Zukunft zu erhalten.

·         Rechtliche Fragen
Für den Fall, dass kein Bebauungsplanverfahren durchgeführt wird, sind die rechtlichen Fragen, die sich aus dem bestehenden Bebauungsplan von 1961 sowie den 1964 genehmigten Überschreitungen ergeben, zu erörtern.
Es liegt ein Rechtsgutachten des Rechtsanwalts Sommer vor. Dieser sieht durch die geplanten Überschreitungen die Grundzüge der Planung berührt, woraus sich die Notwendigkeit eines B-Planverfahrens ergäbe.
Weiter wäre zu klären, wie die im Verfahren entwickelten baulichen und sozialen Ziele zu sichern sind, etwa durch einen städtebaulichen Vertrag zwischen dem Land Berlin und den Eigentümern.


3.3. Auswertung und Einbeziehung der Ergebnisse
Die Ergebnisse der Workshops und Steuerungsrunden werden dokumentiert und fließen als verbindliche Vorgaben in die Erarbeitung städtebaulicher Lösungen ein.
Für die Erarbeitung der städtebaulichen Entwürfe werden drei Planungsbüros beauftragt. Alternativ dazu wäre ein diskursives Verfahren mit einem Planungsbüro denkbar.


Berlin, den 19.07.2017                                                 Initiative für den Kiezerhalt


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c/o Gerhard Oschmann
Schleiermacherstr. 7
0178 52 58 546


[1] „Dort wo die Vorhaben umstritten sind, wollen wir Bebauungsvarianten und auch Alternativen prüfen“ K. Lompscher, RBB-Interview.

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