Samstag, 24. Juni 2017

Einstimmig von BVV angenommener Einwohnerantrag im Wortlaut

Baum- und Grünflächenerhalt in der Schleiermacherstraße/ Blücherstraße

• Erhalt des Spielplatzes am jetzigen Ort, in seiner Qualität (Baumbestand! Grüne Oase!) und Größe 

• maximaler Erhalt des Walter-Rossow-Gartens für die Bewohner_innen der Blücherstr. 26/26a sowie als grüne Lunge für den Kiez 


• Eine baum- und klimaschützende, kiezangemessene Bebauung (GFZ bis gesamt max. 1,5 und GRZ max. 0,3 (laut geltendem Baunutzungsplan)) 


• Beteiligung der Bürger_innen am Planungs- und Gestaltungsprozess 


• Instandsetzungs-/Sanierungsmaßnahmen für den Ernst-May-Bau und Ensembleschutz
Einwohner*innenantrag nach § 44 BezVwG



Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen: Das Bezirksamt wird beauftragt, 

-den öffentlichen Spielplatz an der Schleiermacherstraße gegenüber der Fürbringerstraße am jetzigen Ort und in seiner Qualität und Größe zu erhalten. Ein Grundstückstausch hat
zu unterbleiben.


-***ergänzter Passus siehe unten

- für das Gebiet an der Blücherstr. 26, im Norden begrenzt von der Blücherstraße, im Westen begrenzt von der Schleiermacherstraße, im Osten begrenzt von der Baerwaldstraße und
im Süden begrenzt von der Gneisenaustraße eine stadtklimaschützende, bestandsschützende und die Struktur des Gebiets mit seinem Grünanteil erhaltende inklusive Planung aufzustellen.
Mittel dazu kann die Aufstellung eines Bebauungsplanes nach § 6 AGBauGB i.V.m. §9 Abs. 1 BauGB mit Umweltprüfung (§2 Abs. 4 BauGB) und/ oder die Ausweisung als
Erhaltungsgebiet sein. Das Bezirksamt wird beauftragt, die zweckmäßigen Planungsschritte unverzüglich einzuleiten.

- ein Verfahren zur Beteiligung der Anwohner_innen und Bewohner_innen mit regelmäßigen Steuerungsrunden und Workshops ist zu entwickeln und umzusetzen.

- das Gesamtensemble des Architekten Ernst May und des Landschaftsplaners Walter Rossow ist in seiner Struktur und seinem Charakter zu erhalten und dauerhaft zu schützen, die
notwendigen rechtlichen Schritte sind einzuleiten. Das Gebäude ist ggf. bauaufsichtsrechtlich zu prüfen und notwendige Maßnahmen der Instandhaltung einzufordern. Der Erlass
eines Instandhaltungsgebotes gemäß § 177 BauGB ist zu prüfen und notwendigenfalls zu veranlassen.


Begründung:

Bei der geplanten dichten Bebauung der Blücherstr. 26/26a durch zwei soziale Träger, welche die gesetzlichen Maße überschreitet, würden ca. 2/3 der gesunden Altbäume (50 Jahre
und älter) gefällt, die zum Ensemble gehörende Gartenanlage von Walter Rossow größtenteils zerstört und eine zusätzliche Flächenversiegelung in diesem überdurchschnittlich hoch
verdichteten Teil Kreuzbergs 1in nicht hinzunehmendem Ausmaß erfolgen. Mit einer reduzierten Bebauung, die sowohl die Belange der Bestandsbewohner_innen im Kiez als auch v.a. der (auch zukünftigen) Mieter_innen der Blücherstr. 26/26a berücksichtigt, ist eine menschenfreundliche Stadtentwicklung für alle möglich.


Die Initiative für den Kiezerhalt hat ein Rechtsgutachten vorgelegt, das die planungsrechtliche Unzulässigkeit der Bauvorhaben aufzeigt. Darin stellt der Fachanwalt für Bau- und Planungsrecht
Dr. Karsten Sommer fest: "Die Planungen der Blücher 26 Housing GmbH sind nach dem Maß der baulichen Nutzung planungsrechtlich nicht zulassungsfähig, solange der Baunutzungsplan
nicht durch einen Bebauungsplan abgelöst wird. Die Planung der Blücher 26 Housing GmbH ist geradezu der typische Fall einer Planung, die wegen des geplanten hohen Nutzungsmaßes
ein Planerfordernis auslöst. Es bedarf eines Bebauungsplans oder deutlicher Abstriche am Nutzungsmaß, um die Planung an die Grundzüge des Baunutzungsplans 1958/60
anzupassen."

Die Initiative für den Kiezerhalt setzt sich für eine kiez- und klimaverträgliche Gestaltung des Areals Schleiermacherstr./ Ecke Blücherstr. 26/26a ein. Wir kritisieren eine überproportionale
Flächenversiegelung auf Kosten der zum Ensemble gehörenden Garten- und Parkanlage von Walter Rossow2 (Der soziale Wohnungsbau der Entstehungszeit sah die Freiflächen
vor als Ausgleichsaufenthaltsflächen, die Wohnungsgrößen liegen hier bei nur 26-29qm!!) sowie den hohen Grünverlust.
Zusätzlich droht ein als Grünanlage geschützter Fußweg in Zuwegung umgewandelt zu werden. Das würde weiteren Grünverlust bedeuten.
Der an den Garten grenzende Spielplatz samt Aufenthaltsmöglichkeiten (geschützte Sitzecke, Sitzbänke) und zugehörigem Stadtplatz, ‚rund um die Uhr’ stark frequentiert von allen Generationen im Kiez, wäre nur noch ein Schatten seiner selbst.

(Die BVV hat Feb. ´16 beschlossen. (DS 1842.): „Das Bezirksamt wird beauftragt, die Planungen zu oben bezeichnetem Projekt zu überdenken und dabei frühere Planungen erneut mit einzubeziehen. •Der Spielplatz ist am bestehenden Ort und in seiner Qualität zu erhalten. •Eine Bürgerbeteiligung ist durchzuführen.“

- Wir fordern einen einstweiligen Stopp des Verfahrens und eine echte Bürgerbeteiligung. Die bisherigen vom Bezirksamt organisierten Informationsveranstaltungen entsprachen diesen
Anforderungen nicht. Der Umfang der Planung und das Verfahren ohne eine Bürgerbeteiligung, die diesen Namen verdient, widersprechen den vorgeblichen Zielen insbesondere
der grünen Bezirkspolitik.

- Mieter_innen des Hauses stellen fest, dass seit langem nur die notwendigsten Reparaturen durchgeführt werden und befürchten den langsamen Verfall des Gebäudes, obwohl ihnen
bei Übernahme des Grundstücks die Sanierung in Aussicht gestellt wurde. Neubau ohne Instandsetzung des Bestandsgebäudes ist nicht hinnehmbar.

- Wir fordern eine genuin inklusive Wohnraumplanung nach § 19 UN-Behindertenkonvention für den Kiez und den Bezirk.

- Wir fordern generell eine Ausrichtung des Bezirks daran, dass Kreuzberg laut Umweltatlas (2011) des Senats für Stadtentwicklung als stadtklimatisches Sanierungsgebiet gilt, also

•Keine weitere Verdichtung, 
•Verbesserung der Durchlüftung und Erhöhung des Vegetationsanteils, 
•Erhalt aller Freiflächen und 
•Entsiegelung und ggf. Begrünung der Blockinnenhöfe.“
                                    (http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/da411_05.htm)

- Außerdem konkret zur Blücher 26:
• Prüfung der stadtklimatischen Bedeutung als Teil des Grünzugs zwischen den Hauptverkehrsadern Gneisenaustr. und Urbanstraße.
• Nachweis potentieller ortsnaher Ausgleichsflächen und Nachweis, dass es sich um neue Ausgleichsflächen handelt. (z.B. wurden 2015 bereits ca. 55 gesunde Altbäume gefällt in der Blücherstraße).

Alternativen können nur entwickelt werden, wenn man sich gemeinsam an den Tisch setzt. So kann eine Öffentlichkeit in dem bisher intransparenten Verfahren entstehen.

Wir als Anwohner_innen, Kieznutzer_innen und ALLE Mieter_innen des Hauses Blücherstr. 26/26a sind auf Jahrzehnte mit den Folgen der Planungen konfrontiert und haben ein Recht darauf, mitzugestalten.

Chronologie der Ereignisse und weitere Informationen: www.kiezerhalten.blogspot.de • kiezerhalt.wordpress.com

1 Umgebungsbebauung übersteigt gesetzliche Maße bereits um ein Vielfaches, GFZ von z.T. über 4,0! (vorgesehen für Gebiet Wohnen: 1,5). 

2 Walter Rossow ist einer der bedeutendsten und prägenden Gartenarchitekten und Landschaftsplaner Deutschlands im 20.Jahrhundert. Er war Ökologe der ersten Stunde, einer der Vordenker der späteren Umweltbewegung!! (Leitung Institut für Landschaftsplanung TH Stuttgart; stellv. Vors. Dt. Werkbund Berlin, Direktor Abteilung Baukunst Akademie der Künste; etc.) "Nicht
Umweltverbesserung in Form des Reagierens, nicht Landschaftsgestaltung als Retusche, sondern offensive Stadt- und Landesplanung zur Sicherung unserer natürlichen Lebensgrundlagen und umsichtigen Nutzung unserer Ressourcen sind das zentrale Thema seiner Arbeit.“ Außerdem war er beteiligt an Wiederbegrünung Berlin nach 1945.



*** von den Grünen ergänzter Passus:
- bei den Planungen den besonderen Auftrag des Artikels 19 der UN-Behindertenkonvention (selbstbestimmtes Wohnen) sowie die besonderen Bedürfnisse anderer marginalisierter Gruppen zu berücksichtigen. Der dringend dafür benötigte Wohnraum für betreutes Wohnen soll auf dem Grundstück Blücherstr. 26 als ein Ziel der Planungen ermöglicht werden.

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